North Dakota (N)irgendwo 26. – 29.6.2019
In Fargo steuern wir als Erstes zum Visitor Center und fotografieren den Originalhäcksler aus dem grandiosen Film der Cohenbrüder. Für die Netflixserie gehen die Geschmäcker der beiden Reisenden jedoch stark auseinander. Das Städtchen selbst enttäuscht: Obwohl die Bahnhofsuhr die Zeit noch anzeigt, ist der schmucke Bahnhof nicht mehr in Betrieb und präsentiert sich als grosse Baustelle. Ansonsten staubige schnurgerade Strassen, die üblichen Fastfoodbuden und der weithinsichtbare Wasserturm.
Bonanzaville (Museum Fargo)
Bonanza ist ein spanisches Wort und bedeutet Meeresstille/schönes Wetter und im übertragenen Sinne Wohlstand. Sehr grosse Farmen wurden im neunzehnten Jahrhundert in North Dakota so genannt. Die meisten dieser grossen Betriebe wurden flächenmässig verkleinert und bestehen nicht mehr, die Landwirtschaft ist jedoch allgegenwärtig.
Das Museum selbst – ein kleines ‚Ballenberglein‘ – zeigt die Zeit der Pioniere und der grossen Farmen. Nichts erinnert an die Fernsehserie ‚Bonanza‘ aus den Sechzigern. Eva hatte sich bereits auf ein Wiedersehen mit ihrem Serienliebling ‚Adam‘ gefreut, daraus wurde nichts. Neben den authentischen Gebäuden gibt es eine beeindruckende Oldtimersammlung. Am besten gefallen uns die Polizeiautos aus den Siebzigern, sie erinnern stark an die Bluesbrothers.
North Dakota hat tektonisch – ausser flacher Fläche – kaum etwas zu bieten. Der schnurgerade Highway führt uns über Grand Forks (grosse Gabelung der Eisenbahnlinie) zum Turtle River State Park. Wir wandern durch Eichenwälder und am mäandernden Flüsschen entlang, die namensgebenden Schildkröten zeigen sich jedoch nicht. Auf Schritt und Tritt umgeben uns dafür – hör- und sichtbar - diverse Vogelarten in rot, gelb und blau. Ganz besonders gefallen uns die ‚Hairy Woodpeckers‘ (haarige Spechte). Wir kommen an Baumstämmen vorbei, in denen drei bis vier Spechtpaare gleichzeitig nisten: ein ‚Spechtmehrfamilienhaus‘. Und überall treiben flinke rote Eichhörnchen oder ‚Sechzehnstreifen Erdhörnchen‘ keckernd und pfeifend ihr Unwesen.
Im Hinterland von Cavalier, einem kleinen Stätdchen im absoluten Nirgendwo im Norden von North Dakota, befahren wir über staubige Gravelroads (Naturstrassen) den Scenic Backway nach Wallhalla, einem Skiort. Die Pembina Gorge (Schlucht) mag für Flachländer eine Sehenswürdigkeit sein, für alpenverwöhnte Schweizer ist es nicht mehr als eine kleine malerische Furche im Gelände. Uns gefallen die Einsamkeit und die Staubfahne, die wir weithin sichtbar hinter uns herziehen.
Eva versucht am Tretault Woods Overview stundenlang und geduldig mit dem Feldstecher und schussbereiter Kamera nach Moose und anderem Getier, die Landschaft ist wie ausgestorben. Bei einsetzender Dämmerung hören wir immer wieder Schüsse und entdecken am Beobachtungspunkt dutzende Patronenhülsen. Nun dämmert es uns, warum sich das Wild nicht zeigt und warum sich einige Quadfahrer (Wilderer?) an diesem tollen Platz nicht lange aufgehalten haben.
Im Icelandic State Park, benannt nach Einwanderern aus Island, führen die Wege kreuz und quer durch Wald und gleichaussehende Wiesen. Ohne die sehr gute Ausschilderung hätte man das Gefühl, in einem Labyrinth unterwegs zu sein. Das kühle Bad im Renfrewlake erfrischt und gibt uns zum ersten Mal so richtig das Gefühl von Sommer. Wir spüren ihn langsam, den ‚travelmood‘. Am nächsten Morgen dann ein Dämpfer: es regnet auf dem Weg an die kanadische Grenze in Strömen.
Grenzübertritt nach Kanada (flott und freundlich)
Wir plauschen mit dem netten, interessierten Zollbeamten in seinem Zollhäuschen, zeigen alle benötigten Dokumente, beantworten alle Fragen plausibel und schon sind wir – nach nur zehn Minuten – in Kanada. So geht das auch.
Randbemerkung: Wie sieht ein Foto von (N)irgendwo aus? Hier ein Bild garantiert aus North Dakota, sieht aber irgendwie nach Irgendwo aus….
Wir sind auf dem Weg zu einer Geburtstagsparty, danach ruft die Prärie. Wie flach wir herauskommen berichten wir beim nächsten Mal.