(1.7. – 23.7.2021)
Krakau – Zakopane – Friedmann – Waldkarpaten – Lancut – Warschau
Ein besoffener, aggressiver Pole hat uns die Nacht am See gründlich verdorben. In der Dunkelheit fahren wir den nächsten Waldparkplatz an. Aber was am Tag offroad-mässig zu bewältigen ist, sieht in der Nacht ganz anders aus, tiefhängende Äste und kaum sichtbare Strassengraben lassen uns wieder umkehren. Steckenbleiben hätte uns gerade noch gefehlt, heute Nacht wollen wir sicheren Asphalt unter den Rädern. Kurz vor Mitternacht erreichen wir Krakau. Erst beim dritten Anlauf, es geht gegen ein Uhr morgens, ist ein akzeptabler Stellplatz bei einem Aussichtspunkt gefunden. Erschöpft sinken wir erneut in die Betten. Fazit: Sowas kann passieren....
Preispolitik
Der Wavel (Königspalast) in Krakau ist DER Tourihotspot. Billette kaufen ist kompliziert, das Angebot unübersichtlich. Angestellte müssen den Wartenden das System zuerst erklären. Modulartig kann zwischen vielen Ausstellungen, Paketen oder Rundgängen gewählt werden. Alles kostet extra und summiert sich entsprechend. Ist das individuelle Programm zusammengestellt und bezahlt, wird ein genauer Zeitplan ausgehändigt, wann man wo zu sein hat. Weniger ist hier definitiv mehr…
Die Gobelinsammlung soll weltweit die Grösste sein. Nach dem dritten Saal und gefühlten einhundert Ausstellungsstücken, sehen wir die Stiche nicht mehr, es sind einfach zu viele. Da gefallen uns die Königsgemächer und die Waffensammlung besser. Ganz gut – auch bei Nieselregen – gefällt Thomas das Bier in einem Restaurant am Rynek (Zentralplatz).
Die Salzminen in Wieliczka wurden uns von Lydia dringend empfohlen. Ein beliebtes Ausflugsziel auch bei den Polen, insbesondere während der Ferien. Entsprechend lang sind die Warteschlangen. In dreihundert Metern Tiefe erkunden wir die ehemaligen Salzabbautunnels und -kavernen, hat sich gelohnt.
Mitten in Krakau gibt es einen See mit Zugang und Parkplätzen. Sind die Angler weg, kann darin gebadet werden, genau das Richtige für uns. Dort lernen wir den euphorischen Fischer Tomasz kennen. Er redet ohne Punkt und Komma von seinem ersten grossen Fang, einem Hechtlein. Glücklicherweise kann er Englisch und wir freuen uns mit ihm.
Zakopane, Hohe Tatra, da muss man hin. Aber nicht während der polnischen Sommerferien! Die Anfahrt wird durch unzählige Baustellen und Ampeln zur Geduldsprobe. Das Dorf mit seinen tatrischen Holzhäusern ist sehr schön aber überall tummeln sich haufenweise Touristen. Alles knall voll und ausgebucht, insbesondere Parkplätze sind rar. Dennoch unternehmen wir eine kleine Wanderung zum Wasserfall. Wandern in Einerkolonne macht jedoch keinen Spass, deshalb gibts nur eine Übernachtung auf dem engen Campingplatz.
In Friedmann am Stausee finden wir die gewünschte Einsamkeit. Es gefällt uns so gut, dass wir drei Tage bleiben und ausgiebig den See und das kleine Restaurant geniessen. Wer kennt schon Zapiekanka, (Baguette mit gegrilltem Belag).
In den Waldkarpaten, südöstlichster Zipfel von Polen, gibt es grosse zusammenhängende Waldgebiete. Aber auch hier: die Parkplätze zu den Wanderwegen sind bereits morgens voll und wandern in Einerkolonne, das hatten wir schon. Eine Nacht gönnen wir uns auf einem Campground am Fluss. Baden und dem Treiben zuschauen.
Ein kleiner Wanderparkplatz ist leer, DIE Chance auf eine Tour zu einem ehemaligen Gefechtsstand aus dem ersten Weltkrieg. Wir sind noch keine dreissig Minuten unterwegs da greifen uns dutzende, aggressive, bluthungrige ‘Brämen’ an. Mit unseren Mützen müssen sie permanent ‘weggewedelt’ werden, ein richtiger ‘Brämenabwehrtanz’. Wir brechen die Wanderung ab und eilen, von den lästigen Blutsaugern begleitet, so schnell als möglich zurück. Als Trost gibt’s ein kühlendes Bad im Bach. Wir hätten lieber Bären gesehen.
Viel bäuerliche Vergangenheit im Skansen Freilichtmuseum in Sanok. Überall in Polen sehen wir danach ähnliche Bauernhäuser, von liebevoll hergerichtet bis dem baldigen Zerfall preisgegeben.
In Lancut sind die Führungen durch das Schloss leider für Tage ausgebucht. Thomas geniesst den Geburtstagsspaziergang durch den schönen Schlossgarten dennoch.
Endlich erreichen wir die Weichselauen südlich von Warschau. Dieser Fluss 'darf' noch viel Platz beanspruchen und es gibt spektakuläre Stellplätze. Wer jedoch nicht aufpasst, fährt sich im tiefen Sand schnell fest, wie dieser Pole mit seinem Mercedes. Für die Bauern ein lukrativer Nebenverdienst. An uns haben sie nichts verdient.
In Warschau wird demonstriert. Wir verstehen nur 'Bjelarus' (Weissrussland). Die Polizei schaut gelassen zu und achtet darauf, dass die Demonstranten nur bei 'Grün' und auf dem Fussgängerstreifen die Strasse kreuzen.
Viele Leute geniessen das schöne Wetter am Weichselufer. Für das Abendessen in einer stadtbekannten Pierogeria (Zapiecek) stehen wir für einen Platz an. Pierogen, gefüllte Teigtaschen, sind in Polen ein Nationalgericht. Flüssigkeit ist aber auch wichtig.
Nach den Erfahrungen in Zakopane und in den Waldkarpaten, lassen wir die berühmten Primärwälder und Wisente des Bialowiska Nationalparks aus und fahren direkt weiter nach Bialystock. Wiedermal ein Schlosspark, es soll das Versailles des Ostens sein und ein gut gefüllter Stellplatz. Wir finden aber auch einsame Plätze an naturbelassenen Seen, das gefällt uns besser.
Was wollen wir? Von Schlössern, überfüllten Nationalparks, barocken Städten und historischen Plätzen haben wir genug. Wo finden wir schöne, einsame Stellplätze an naturbelassenen sauberen, badbaren Seen? Antwort: weiter nördlich in den bevölkerungsarmen baltischen Staaten. Also nichts wie hin....